Erstaunliche Phänomene schaffen neue Verbindungen

Das Zebrablatt
Zum Schlüsselbild der MCBW 2020

Im Schlüsselbild – dem Key Visual der MCBW 2020 – schafft einprägsame Gestaltung ganz neue Verbindungen: Zebra, Erlkönig-Folie und Monstera-Blatt scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzugehören. Die visuelle Klammer des Key Visual glückt dem Betrachter durch das Stilmittel der Analogie: Die ausgefallene Musterung, die über alle Gegensätzlichkeiten in Gattung, Größe, Farbe und Funktion hinweg verbindet: Design connects! – getreu dem Motto von Deutschlands längster und größter Designwoche.

Formale Analogien zu finden, ist eine Kreativitätstechnik und beschert nicht nur Gestaltern meist reiche Beute und großes Vergnügen. In der Münchner Heimatstadt der MCBW lassen sich unzählige Beispiele für geglückte formale Analogien finden: die Liegewiese „Pratone“ aus Schaumstoff der Gruppo Strum in der Neuen Sammlung beispielsweise oder die von einem Oktopus inspirierte Zitronenpresse „Juicy Salif“ von Philippe Starck im Alessi Store in der Münchner Theatinerstraße und natürlich – ganz neu – das „Zebrablatt“ als Key Visual der MCBW 2020.

Zur Kunst des visuellen Verwirrens

Ein deutlicher Schwarzweiß-Kontrast erhöht die Lesbarkeit von Texten und gehört deshalb zu den bevorzugten Anwendungen der Typografen. Anders, wenn sich Schwarz und Weiß in Bewegung setzen. Wird ein einfacher, schwarz-weiß gemusterter Kreisel – die sogenannte Benham-Scheibe – schnell gedreht, sieht der Betrachter farbige Ringe, die zum einen „in Wirklichkeit“ gar nicht da sind und zum anderen von Betrachtern auch marginal verschieden wahrgenommen werden können.

Die verwirrende Wirkung des Schwarzweiß-Kontrastes in Bewegung machen sich auch Zebras zunutze. Im Schutz der Herde traben sie zur Tränke. Möglichen Angreifern erschwert das die Einschätzung der Gruppengröße und die Verortung des einzelnen Tiers. Die Vor- oder Nachteile der einzigartigen Fellmusterung hat die Wissenschaft bis heute nicht restlos entschlüsselt. Fakt ist, dass Schwarz das Licht absorbiert, während Weiß das Licht reflektiert – was zu unterschiedlichen Temperaturen der Zebrastreifen und somit zu Luftzirkulation im Fell führt. Die kühlende Wirkung konnte bisher aber nicht belegt werden. Bewiesen ist nur, dass das Streifenmuster vor der gefährlichen Tsetsefliege schützt, die von gestreiften Mustern verwirrt wird und sich bevorzugt auf eintönigen Oberflächen niederlässt.

„Siehst, Vater, Du den Erlkönig nicht?“

Auf diese Kunst des visuellen Verwirrens greifen auch Automobilkonzerne zurück, wenn sie Prototypen so genannte Erlkönige zum Testen auf die Straße schicken und deren Identität per Dazzle-Folie verschleiern. Deshalb ist auch das MCBW-Zebra teilweise mit einer Erlkönig-Folie überzogen, die die natürliche Musterung ins Künstliche verlängert.

Monstera deliciosa – Die grüne Stilikone

Dort, wo sich Zebraschwarz und Blattgrün im Key Visual berühren, beginnt das Leben der „Monstera deliciosa“ – auch „Fensterblatt“ genannt. Letzteres wohl wegen der markanten Blattlöcher und Einkerbungen, durch die man nicht nur schauen, sondern durch die das Sonnenlicht untere Pflanzenteile fallen kann. Diese nachhaltige Gestaltung ermöglicht der Kletterpflanze Monstera deliciosa optimale Wachstumsbedingungen – so energieeffizient gestaltet die Natur! Anfang des 19. Jahrhunderts kam die Monstera aus Mittel- und Südamerika zu uns und flutet seither als dekorative Zimmerpflanze Wohnräume, Amtsstuben, Foyers oder Ateliers mit ihrem exotischen Flair. Von Picasso erzählt man, er hätte – für eine längere Reisezeit – seine Monstera in der Badewanne abgestellt. Wieder zurückgekehrt, soll er das Badezimmer monstermäßig zugewuchert vorgefunden haben. Auch Henri Matisse war fasziniert von der tropischen Schönheit und widmete ihr einen Teil seines Spätwerks. Und im Case-Study-Haus von Ray und Charles Eames in Kalifornien wucherte noch Jahre nach dem Tod des Designerpaares eine Monstera deliciosa, deren Früchte im Gegensatz zu allen anderen Monstera-Arten essbar ist. Das cremig-weiche Innere der Kolben duftet pfirsichähnlich, der Geschmack erinnert an Ananas und Banane. Wer eine „Ananasbanane“ mal probieren will, sollte dies nur im ganz reifen Zustand tun – nur so hat sie den Beinamen „deliciosa“ wirklich verdient. Derzeit feiert die Monstera deliciosa ein gewaltiges Comeback. Als Initialzündung hierfür gilt ihr stummer Auftritt in der Serie „Mad Men“ als klassisches Bürozubehör der biederen Fünfzigerjahre. Mit ihr zieht heute der Urban Jungle in die heimischen vier Wände ein. Aus Regalen, auf Anrichten, hängend, stehend grünt, wächst und wuchert es. Green Living! Töpfe statt Schnittblumen! Aus dem Interior Design, aber auch aus der Mode ist sie nicht mehr wegzudenken. Von Lampenschirmen über Jacken, Bikinis, Taschen, Tapeten, Kissen verströmt die tropische Kletterpflanze ihr exotisches Flair.

Spaziergänge in München

Wer übrigens bei einem Spaziergang durch München selbst einmal formale Analogien entdecken will, der frage sich einfach: Was sieht gleich oder so ähnlich aus wie etwa ein Zebra, stammt aber vielleicht aus einem anderen Bereich oder ist aus einem anderen Material gemacht? Gerne können entsprechende Entdeckungen unter den Hashtags #mcbw und #zebrablatt auf Instagram gepostet werden. Ausgewählte Posts werden dann auch auf dem MCBW Instagram Channel verbreitet.

Viel Vergnügen!

Zur Pressemeldung und Bildmaterial des Key Visuals geht es hier.